Jens in Pakistan

Berichte und Bilder aus meiner Zeit in Pakistan im Februar und März 2006.

Sonntag, Februar 26, 2006

Blinde Kinder im Zeltlager

Auf dem Rueckweg vom Grab eines islamischen Heiligen kamen wir heute an einem Zeltlager vorbei. Wir hielten an und fragten den wohlgenaehrten Landbesitzer ob wir auf seinem Land fotografieren duerfen. Nach seinem Einverstaendnis unterhielten wir uns mit einigen Bewohnern. Das Zeltlager besteht seit ca 25 Jahren und umfasst 10 Familien. Sie leben von der Zuechtung und vom Verkauf von Wachteln. Eine Familie verdient damit ca. 10 Rps am Tag – weniger als 15 Cent. Die Familien leben in absoluter Armut und haben keinerlei Mittel um Krankheiten zu behandeln. Ca. 15 -20 blinde Personen leben in diesem Lager, davon sind die meisten Kinder unter 10 Jahren. Heute sahen wir die Aermsten der Armen in Pakistan.


Ein sich vor Schmerz kruemmendes, blindes Kind
liegt angebunden in einem Zelt.


Auf dem noch vorhanden Augapfel hat
sich ein eitriger Zapfen gebildet.

Der Versuch den blinden Jungen links zu fotografieren,
bleibt von den anderen Kindern nicht lange unbeobachtet.

Bilder aus Lahore

Kinderarbeit.




Strassenszenen.



Samstag, Februar 25, 2006

Layya's Schulen

Nach einer unfreiwilligen Pause konnten Kamran und ich in Layyah auf fotografische Entdeckungstour gehen. Leider vertrug mein Koerper das sehr oelige Essen nicht besonders gut, so dass es mir fuer 3 oder 4 Tage schlecht ging. Kamrans Familie hat mich aber wieder gesund gepflegt, so dass ich wieder fit bin. Gestern und Heute besuchten wir in Layyah 3 Schulen. Der “Kid’s & Young’s Campus”, wird von Kamran’s Cousin Saeed Ahmed geleitet und ist eine rein private Schule. Die Schulgebuehren betragen ca. 200-350 Rps pro Monat – ca. 3 bis 4 Euro. Maedchen und Jungen lernen zusammen. Das Schulgebauede war sehr klein und die Schulraeume mehr als beengt. Auf diesen Besuch war ich nicht vorbereitet. Wir wurden sehnsuechtig von den Kindern, welche zwischen 6 und 14 Jahre alt sind, erwartet. Sie bombardierten mich mit allerhand witzigen, teils aber auch sehr direkten und unangenehmen Fragen. “Welche Religion hast Du? … Was weisst Du ueber unser Schulsystem? … Was weisst Du ueber den Islam? … Warum hasst Ihr Christen uns Muslime? …” Dies waren Fragen die mich ins Schwitzen aber nicht zum fotografieren brachten. Ich durfte in einer Klasse Lehrer spielen und versuchte den Kinder ein wenig Deutsch beizubringen. Es war ein mehr als interessanter Besuch, welcher fast 3 Stunden dauerte. Am Ende wurde ich fuer meine Antworten gelobt und durfte noch ueber eine halbe Stunde Autogramme und Sinnessprueche verteilen.
Heute besuchten wir zunaechst die “Monday Town School”, eine staatliche Schule, in der die Schulgebuehren 6 Rps – ca. 10 Cent – pro Monat betragen. In dieser Schule waren die Raueme zwar grosser, alle anderen Lernbedingungen aber schlechter. 60 Schueler in einer Klasse sind der Normalfall. Dabei fehlen genuegend Sitzplaetze genauso wie Unterrichts- und Schreibmaterialien. Fuer einige Klassen, vor allen die 1. und 2. Klasse, sind gar keine Schulraueme vorhanden. Sie lernen unter freiem Himmel, direkt auf der Erde. Fuer einige Klassen sind Sitzunterlagen in Form von Plastikplanen vorhanden – fuer andere nicht. Da der Staat nur ungenuegend Zuschuesse gibt, sind diese Schulen vor allem auf Spenden angewiesen um Unterrichtsmaterial zu besorgen oder die Lernbedingungen wenigstens etwas zu verbessern.



Als letztes kamen wir zur “Layyah Public School”. Dies ist eine halb staatliche – halb private Schule. Die Lernbedingungen waren hier am besten, dennoch weit entfernt von westeuropaeischen Standards. Um die 20 Schueler – ausschliesslich Jungs – lernen in einer Klasse. Das hat aber auch seinen Preis. Die Familie muss um die 600 Rps pro Monat fuer die Ausbildung bezahlen – dies sind fast 10 Euro. Das Lehrpersonal besteht ausschliesslich aus Frauen. Das maennliche Personal wurde aufgrund der hier weit verbreiteten Korruption im Oktober 2005 auf einen Streich ausgetauscht. Leider war die Direktorin sehr streng. Sie draengte uns von einer Klasse zur naechsten, so dass wir kaum Zeit fanden in Ruhe zu fotografieren.


Wir sahen drei Schulen, wie sie unterschiedlicher nicht haetten sein koennen. Was die Schulen verband waren die Traueme und Visionen der Schulleiter, die Lernbedingungen fuer Ihre Schueler zu verbessern und so vielen Kindern wie moeglich eine gute, wenn auch grundlegene Ausbildung zu ermoeglichen. Leider wird in Pakistan immer noch ein Grossteil der Kinder nicht zu Schule geschickt, da sie arbeiten muessen um Ihre Familie mit zu ernaehren.

Anfang naechster Woche werden wir Layyah zunaechst verlassen um nach Multan zu fahren, die Stadt in der Kamran 6 Jahre lang studierte. Danach wollen wir uns noch eine Kamelmesse in der Wueste anschauen. Dort werden bis zu 15000 Kamele erwartet - neben uns ;-)
Dazu bekommen wir vom regionalen Agrarministerium sogar einen Wagen bereitgestellt.

Sonntag, Februar 19, 2006

Arbeiter am Indus

Heute fuhren Mushtarq (Kamrans Jugendfreund), Zeeshan, Kamran und ich auf zwei Motorraedern in Richtung Indus. Die Breite des Flusses, welcher bei Flut riesige Landstriche unter Wasser setzt, beeindruckte mich sehr. Noch mehr war ich aber von den Menschen beeindruckt, die Ihr Leben am Indus verbringen. Da waren Arbeiter in Ziegelsteinfabriken, die fuer das Formen von 1000 Ziegelsteinen am Tag 200 Rupies, ca 3 Euro erhalten. Wir trafen auch eine Familie, die gerade an einem Teppich webte, fuer dessen Fertigstellung sie ueber einen Monat brauchen. Er wird dann fuer ca. 8000 Rps von einem Haendler aufgekauft. 5 Familienmitglieder, auch kleine Kinder, sitzen somit fuer einen Tageslohn von weniger als 1 Euro den ganzen Tag vor der Webmaschine.



An den vielen austrockenden kleinen Teichen, die noch seit der letzten Flut im September 2005 bestehen, sahen wir immer wieder Familien fischen. Der klaegliche Fang reicht, wenn ueberhaupt, gerade zur Ernaehrung der eigenen Familienmitglieder aus. Von einer Gruppe von Fischern wurden wir sogar auf eine Mahlzeit eingeladen.



Trotz oder gerade wegen der grossen Armut, in der viele Menschen hier ein hartes Leben voller koerperlich auslaugender Arbeit verbringen, sind fast alle warmherzig, offen und freundlich. Sie lassen sich auch bereitwillig fotografieren. Anders als ich erwartet habe tragen sie keinerlei Neid in Ihren Augen, wenn ich als reicher Westeuropaeer mit einer Fotoausruestung vor Ihnen stehe, welche mehr Wert ist als ein einfacher Arbeiter in 10 Jahren verdienen wird. Diese Menschen schauen mich natuerlich zuerst verdutzt an. Sobald ich mich Ihnen aber mit einem Laecheln zuwende, kann ich mir fast sicher sein in ein strahlendes Gesicht zu blicken. Morgen werden wir uns wahrscheinlich in Layyah umschauen. Dann muss ich die Kameras irgendwie besser vor Staub schuetzen. Dieser hat meiner Ausruestung auf den Pisten maechtig zugesetzt. Obwohl ich kein einziges Mal ein Objektiv gewechselt habe, waren die Kameras und Objektive Innen wie Aussen voller Staub. Leider spiegelt sich dies auch auf vielen Fotos wieder. Es hat einige Zeit gedauert um die Ausruestung zu saeubern. Wie neu wird sie jedoch nicht mehr aussehen.

Samstag, Februar 18, 2006

Von Lahore nach Layyah

Am Donnerstag waren Kamran, Sohel und ich nach einem Fruehstueck bei Sohels Familie den ganzen Tag in Lahore unterwegs. Die Innenstadt von Lahore ist mit Abgasen so verschmutzt, dass der Himmel nicht zu sehen war. Ich hatte einige Zeit Probleme beim atmen. Nach einer Weile schien sich meine Nase und meine Lunge aber an die Luftverschmutzung gewoehnt zu haben. Wir besuchten ein National Denkmal, einen Turm namens “Pakistan Resolution”. Im umgebenen Park lagen viele Menschen herum. Dies tun viele den ganzen Tag, da sie keine Arbeit haben. Oft ernaehrt ein Familienmitglied 10 weitere Personen mit. Das riesige Lahore Fort und die wunderschoene Batshahi Mosche aus den 16. Jahrhundert liessen mich auf die Bluehtezeit des Islam in dieser Region schliessen. Abends waren wir noch auf einigen Maerkten und kosteten von allerlei Delikatessen. Bettler, vor allem Krueppel findet man an vielen Ecken. Eine alte Frau die auf einem Bordstein schlief erschuetterte mich besonders. Sie verharrte beim Beginn unseres Spaziergangs in der selben Postion, wie einige Stunden spaeter, als wir zurueck kamen. Um Mitternacht ging unser Bus vom Busbahnhof Richtung Layyah. Dieser Bahnhof verkoerperte das Chaos dieser Stadt am deutlichsten. Selbst mit Kamrans Hilfe, der sich hier etwas auskannte haben wir unserern Bus fast nicht gefunden. Es gibt dort KEINERLEI ersichtliche Ordnung. Die 6 Stunden dauernde Busfahrt war ein Erlebnis fuer sich. Der Busfahrer fuhr in einer Art und Weise ueber die huckeligen Pisten, dass ich, obwohl totmuede, kein Auge schliessen konnte. Nach der Ankunft wurden wir herzlich von Kamrans grosser Familie empfangen. Ich fuehle mich hier sehr wohl. Sein aeltester Bruder Sulfikar hat mir schon sein Hochzeitsanzug geschenkt. Morgen werden wir mit Kamrans Bruder Sichan und einem Freund zum Indus fahren um Bauern bei der Arbeit zu fotografieren.

Donnerstag, Februar 16, 2006

Landung in Lahore

Gestern ging es um 11.20 Uhr MEZ von Frankfurt mit dem Flieger ueber Bahrain und Muscat nach Lahore. Angekommen sind Kamran und ich heute 7.30 Uhr Ortszeit (3.30 Uhr MEZ). Erwartet wurden wir von Kamrans Freund Sohel. Er arbeitet als Programmierer in Lahore, verdient um die 15000 Rupies (ca. 215 Euro) und zaehlt damit zu den Besserverdienern in Pakistan. Sowie ich im Moment herumlaufe (eben westeuropaeisch), falle ich auf wie ein buntes Huhn. Wo ich auftauche, verfallen die Menschen in regelrechte Blickstarren.
Vielleicht liegt dies aber auch an meiner hellen Hautfarbe. Auf jeden Fall werde ich mir schnellstmoeglich lokale Kleidung besorgen. Diese wird leichter sein, als meine jetzige. Bei ueber 25 Grad Celsius und relativ hoher Luftfeuchte, komme ich ganz schoen ins Schwitzen. Mohammed Server ist der Taxifahrer (seit 26 Jahren), welcher uns vom Flughafen zum Hotel brachte. Er verdient um die 3 Euro am Tag (wenn er Fahrgaeste abbekommt) und wohnt in seinem gemieteten Taxi (75 % aller Einnahmen gehen an den Vermieter). Er wird in den naechsten 2 Tagen unser Fahrer sein. Die Armut und fehlende Bildung der Menschen ist hier allgegenwaertig. Auf dem Flughafen von Muscat (Oman) waren viele Angestellte damit beschaeftig Passagiere auszurufen und zu suchen, die noch nicht im Flugzeug waren - wahrscheinlich da diese die Ausschilderungen nicht lesen konnten. Bettler und Menschen die alle moeglichen Dienstleistungen auf der Strasse anbieten, habe ich an vielen Ecken in Lahore gesehen. An einigen Strassenecken stehen Dutzende Menschen bereit und warten auf irgendeine Arbeit. Zum Fruehstueck gab es heute Tandori und Bratha Brot mit Erbsen und Wasser. Das leckere Mahl hat uns Drei (Sohel, Kamran und mich) einen ganzen Euro gekostet.

Dienstag, Februar 14, 2006

Vor der Abreise

Bald ist es soweit.
In wenigen Stunden fahren Kamran und ich mit dem Zug nach Frankfurt. Morgen geht es nach Lahore, Pakistan.